Vom Dilemma und der Verantwortungsleugnungs-Feuerwalze
Was soll man tun, wenn man in einem Dilemma steckt? Man ist in einer Situation gefangen und kann entweder schlecht oder schlecht handeln. Bei jeder Handlung müssen wir eine Abwägung vornehmen, was wiegt für uns schwerer. Welche Handlung kann ich besser vertreten. Beispielsweise habe ich mich nun dazu entschieden, diesen Text zu verfassen, da ich der Meinung bin, dass ein Beitrag über Dilemmata wichtig ist, weil wir alle tagtäglich mit diesen konfrontiert sind. Deshalb habe ich mich dagegen entschieden, den PC einfach ausgeschaltet zu lassen und Strom zu sparen. Ich habe mir in der Früh einen Kaffee gemacht, im vollen Bewusstsein, dass Kaffee zur Herstellung extrem viel Wasser verbraucht und einmal halb um die Welt gekarrt wurde, um bei mir in der Tasse zu landen. Es ist mir wichtig, dass die ArbeiterInnen fair für ihre Leistung bezahlt werden und keine Kinder in den Kaffeeanbau involviert sind, daher habe ich mich für Fairtrade-Bio-Kaffee entschieden. Aber der Genuss war mir in diesem Fall wichtiger, als darauf zu verzichten. Ich habe meine Katze und meinen Hund gefüttert – mit Tierfutter für das Tiere sterben mussten – das ist eines der Dilemmata, die mir am schwersten im Magen liegen. Ich bin mir bewusst, dass es veganes Hunde- und Katzenfutter gibt! Tolle Sache, wenn man es gut einsetzt. Aber eben nicht immer leistbar. Ich habe meine Tochter und mich angezogen – fast alles Kleidung vom Flohmarkt. Meine Socken, habe ich mir gekauft, weil sie mir gefallen haben. Es sind Schweine drauf. Ich entscheide mich dafür, Kleidung ein zweites, drittes oder viertes Leben zu geben, weil es mir wichtig ist, möglichst wenig zu der verheerenden Kleidungsindustrie beizutragen. Bei den Socken hat aber dann meine Lust auf ein paar niedliche Socken überwogen. Ich wickle meine Tochter vorwiegend mit Stoffwindeln, weil es mir wichtig ist weniger Plastikmüll zu produzieren und die Haut meiner Tochter zu schonen (Baumwolle ist angenehmer auf der Haut als Plastik). Doch wenn ich einen Ausflug mache, greife ich auch zu Wegwerfwindeln, aus dem einfachen Grund der Umständlichkeit. Verpackte Lebensmittel versuche ich zu vermeiden, wo es geht, und dann lachen mich diese veganen Gummibären aus dem Regal an – der Appetit überwiegt jegliche gesundheitlichen oder ökologischen Gründe sie nicht zu nehmen. Beim Mittagessen entscheide ich mich, selbst zu kochen – es soll ein veganes Gericht werden, weil es mir wichtig ist, nicht zum Tierleid in der Massentierhaltung beizutragen. Am frühen Nachmittag ist Siesta angesagt, ich entscheide mich dafür mein Handy wegzulegen und nicht den Fernseher aufzudrehen, um nicht elektrischen Strom zu verschwenden, weil tatsächlich interessiert mich das Buch in meiner Hand viel mehr. Ein Buch, das ich mir gekauft habe, um es nach einmaligem Lesen in den Schrank zu stellen, wo es dann mein ganzes Leben lang an meiner Seite stehen wird, einfach weil ich es mag, eine kleine Bibliothek zu haben. Der öffentliche Verkehr ist am Land noch recht spärlich ausgebaut, daher nehme ich das Auto, wenn ich zu meinen Eltern fahre – obwohl ich genau weiß, dass ein Auto eine CO2-Schleuder ist. Es ist mir bewusst, daher fahre ich nicht zum Spaß, sondern nur wenn ich muss. Fahre ich mal in die Großstadt, genieße ich unsere tolle Zuganbindung. Ich weiß es ganz genau, noch umweltfreundlicher wäre es das Fahrrad zu nehmen. Aber ich denke da auch an das Wohl meiner Tochter, ich möchte so schnell wie möglich wieder bei ihr sein und nicht noch 2-3 Stunden extra für eine Fahrradfahrt einrechnen. Obwohl es aus gesundheitlicher Sicht auch gut wäre. Ich bin seit 2015 nicht mehr geflogen, daher wäre ein Urlaub in Portugal, wenn sich COVID-19 etwas gelegt hat – doch okay? Oder nicht? Warum mache ich mir überhaupt darüber einen Kopf, wenn andere jeden Monat zu einem Meeting um die Welt fliegen? Weil es MEINE Verantwortung ist!
Weil es Auswirkungen hat, wenn ich fliege, auch wenn es nur alle fünf Jahre ist. Genauso wie es zum Tierleid beiträgt, wenn man nur ab und zu Fleisch isst, während andere mehrmals täglich Fleisch in sich reinschaufeln. Es wird immer Menschen geben, die mehr fliegen und die mehr Fleisch essen. Dieser Umstand kann keine Rechtfertigung zu meinem Handeln sein. Wir sollten ehrlicher sein – zu uns selbst: Für mich ist es wichtiger, meiner Tochter das Meer zu zeigen, und daher nehme ich den CO2-Ausstoß eines Fluges in Kauf. Diese Tatsache aggressiv abzustreiten und zu leugnen und den anderen Menschen die Schuld zu geben, bringt uns nicht weiter. Wir sollten aufhören, uns an dem Handeln von anderen zu orientieren und einfach versuchen selbst das Beste aus sich rauszuholen. Endlich die Verantwortung selbst in die Hand zu nehmen und keine Angst davor zu haben vor einem Dilemma zu stehen, denn das ist ein integraler Teil des Lebens. Lade ich die Verantwortung immer auf andere Menschen ab und lautet meine Erklärung immer: „Andere Menschen machen es auch…“ dann wälzt sich diese klimaschädigende, menschenverachtende und tierleidverursachende >>Verantwortungsleugnungs-Feuerwalze<< immer weiter, und tut was dieses Ungetüm am besten kann – Zerstören und Töten! Es ist wichtig zu lernen mit Dilemmata umzugehen und sich auch einzugestehen, dass man zeitweise egoistisch handelt.
Wir steuern mit einem Affenzahn auf die Klimakrise zu und die Landwirtschaft, das Wohnen und der Transport beschleunigen den Prozess. Wir müssen den Sprung schaffen, bei den Dilemmata umweltfreundliche Entscheidungen zu treffen, ohne sich selbst aufzugeben. Ebenso wichtig ist es, dass wir rein egoistisches Handeln, ohne den Konsequenzen in die Augen zu sehen endlich erkennen und stoppen. Die Erde wird die Klimakrise überstehen – es geht um den Menschen und die vielen Lebewesen auf Erden, die unser Handeln gefährdet.