Lebenslange Ausgangssperre
Mittlerweile leben wir in Woche 7 mit Ausgangsbeschränkungen, und man kann es nicht mehr leugnen, dass dies für viele von uns mühsam ist. Zum einen vermisst man wahrscheinlich seine Familie und Freunde, zum anderen wird vielleicht der heurige Sommerurlaub nicht stattfinden. Der Entzug von Natur und Wald macht einigen Menschen sicher auch zu schaffen und umgekehrt vermissen womöglich auch viele Menschen, die am Land wohnen, den Ausflug in die Stadt. Die Beschränkung der Freiheit ist bitter, obwohl diese Maßnahme wichtig ist und einen enormen Schutz des Lebens vieler Menschen darstellt. Auch ein noch so großer Garten, eine liebevoll eingerichtete gemütliche Wohnung, der Zugang zu einem größeren Park nebenan oder die Beschäftigung mit seinen liebsten Hobbies zu Hause, kann einem den Entzug der Freiheit auf Dauer verschleiern.
Das eigene Zuhause fühlt sich für viele ein bisschen wie ein Gefängnis an – erinnert uns das nicht an irgendetwas?
Viele Zoos rechtfertigen das Halten von Wildtieren damit, dass ihre Gehege sehr naturnah eingerichtet sind und sie mit viel sogenanntem „behavioural enrichment“, also mit artgerechter Beschäftigung für die Tiere ausgestattet sind. Tiere verbringen oft ihr gesamtes Leben in Gefangenschaft, viele von ihnen sind Wildfänge und haben eine traumatische Reise in den Zoo hinter sich. Wir dürfen in der Ausgangssperre noch spazieren gehen, wie weit gehst du im Schnitt spazieren? 3km, 5km, oder sportliche 10km? Elefanten legen in freier Wildbahn zwischen 5 bis 17 Kilometer am Tag zurück. Die Mindestgröße für ein Elefantengehege beträgt 3.000m² (Außengehege) und 300m² (Innengehege) (siehe 2. Tierhaltungsverordnung). Nun kann man sich ausrechnen, wie viele Runden die Elefanten täglich in ihren „vier Wänden“ gehen müssen, um auf ihr natürliches Bewegungspensum zu kommen (In einem quadratischem Gehege etwa 100 Runden).
Bei Eisbären oder Delfinen zeigt sich dasselbe fragwürdige Bild. Durch die Haltung in Zoos entwickeln sich bei vielen Tieren Stereotypien, das sind psychomotorische Verhaltensstörungen, die durch Reizentzug oder soziale Deprivation ausgebildet werden. Beispiele dafür sind das Pacen (Kreiswandern) von Wildkatzen oder das Weben bei Elefanten (Leerlaufbewegung, bei der Elefanten rhythmisch den Körper bewegen und dabei mit dem Rüssel schaukeln). Aber nicht nur Zootiere entwickeln diese Stereotypien, auch bei landwirtschaftlich genutzten Tieren können sich diese in Gefangenschaft entwickeln, wie beispielsweise bei Schweinen das Kauen der Gehegestangen.
Der große Unterschied zu unserem eingeschränkten Leben ist, dass wir wissen, dass wir unsere Freiheit in absehbarer Zeit wieder zurückbekommen und unsere Familie und Freunde bald wieder in die Arme schließen können. Wir können sozialen Kontakt telefonisch aufrechterhalten. Wir wissen, dass wir spätestens, wenn wir ein Heilmittel gegen die Krankheit gefunden haben, wieder reisen und Partys feiern können. Zootiere und auch landwirtschaftlich genutzte Tiere wissen das nicht, sie leben ihr Leben lang mit der Unwissenheit, ob sie jemals ihre Familie wiedersehen oder die Gefangenschaft jemals wieder endet.
Ihnen wird die Freiheit – und vielen das Leben - geraubt, um uns Menschen als Freizeitbeschäftigung oder Nahrung zu dienen. Vielleicht sehen wir das Leben von Tieren in Gefangenschaft, nachdem wir nun auch etwas unserer Freiheit zurückstecken müssen, mit anderen Augen.
In den nächsten Tagen werden wir dich laufend über Zooalternativen informieren.
Tierhalterverordnung 2:
https://www.peta.de/eisbaerstereotypie