Vor welche moralischen Herausforderungen stellen uns Neobiota?
Neobiota stellen uns vor viele Herausforderungen, die oft gründlicher ethischer Betrachtung bedürfen. Wir können hier keine Antwort geben, wir nehmen keine Partei für eine Position ein, wir wollen lediglich ein paar spannende Überlegungen und Diskussionspunkte aufführen.
Tierschutz vs. Artenschutz
Es geht dabei zentral um das ethische Dilemma „Gemeinwohl vs. Wohl des Individuums“. Artenschutzmaßnahmen sind oft nicht mit Tierschutz-Anforderungen in Einklang zu bringen. Die meisten tierethischen Ansätze basieren auf dem Prinzip der Unversehrtheit von Tieren. Folgt man diesem Prinzip dann wäre der Tod von Tieren für den Artenschutz nicht gerechtfertigt.
Der Artenschutz wiederum vertritt das Prinzip; dass eine Art den höchsten Wert hat und somit Tier-Individuen für den Fortbestand verschiedener Arten geopfert werden können, zum Beispiel durch Populationsmanagment.
Ist „natürlich“ immer gut?
Was ist gut und was nicht? Wohin sollen wir streben? Das sind spannende Fragen der Philosophie. Im Natur- und Artenschutz kommt häufig das Argument, dass unberührte Natur einen sehr hohen Wert hat und daher schützenswert ist. Klingt intuitiv sehr richtig!? Doch geht man der Frage nach, ob „natürlich“ gut ist, so kommt man schnell zum Punkt, dass natürlich Prozesse auch ziemlich tückisch sein können und viel Leid verursachen. Beispiele dafür wären Krankheitserreger oder die Räuber-Beute-Beziehungen. Kann etwas gut sein, dass so viel Leid verursacht?
Es werden nicht alle Arten gleichbehandelt
Eine aktuelle Studie zeigt, dass das Management von süßen oder attraktiven Arten weitaus schwieriger ist als bei „unattraktiven“ Arten, nicht zuletzt aufgrund von gesellschaftlicher Kritik. Auch der Fokus von Forschern liegt oft auf charismatischen Arten, was ein verzerrtes Bild ergibt.
Diese Studie (Jaric et al 2020) wird heuer im Journal "Frontiers in Ecology and the Environment" veröffentlicht.
Ökosysteme sind immer im Wandel
Dass Ökosysteme sich immer verändern, hat uns die Vergangenheit gezeigt – Warmzeiten und Kaltzeiten haben das Klima verändert. Tiere und Pflanzen haben sich auf dem gesamten Globus niedergelassen und waren stets auf Wanderschaft. Die Umgebung hat die Evolution vorangetrieben und immer wieder neue Arten geformt. Wir sind nach wie vor in diesem Fluss der permanenten Veränderung, in welchem immer wieder neue Lebensformen entstehen und sich die Lebensräume ändern. Geht die Änderung sehr schnell – wie etwa beim derzeitigen Klimawandel – dann sterben sehr viele Arten aus, weil die Anpassung an neue Umgebungen nur sehr langsam von statten geht. Aber so, wie sich die Umgebung permanent ändert, variiert auch die Artenzusammensetzung in einem Gebiet. Die Darwin-Finken waren auch einmal Neuankömmlinge auf Galapagos und heute sind sie ein Symbol für die Evolution. Was ist hier beim Waschbären oder dem Signalkrebs anders? Dass diese vom Menschen verbreitet wurden? Dass sie andere Arten gefährden? Dass sie uns vorführen wie ernst die lange ist, weil wir viele Ökosysteme geschwächt haben und die Neobiota nun die Chance haben sich zu verbreiten? Ist der Mensch nun Teil der Natur oder nicht? ….
Schlussworte:
Mit diesen vielen Fragen, von der jede ein einzelnes Buch füllen würde enden wir unsere Woche der irdischen Aliens und hoffen, dass wir einen wichtigen Diskurs über Neobiota anstoßen können. Schreib uns deine Gedanken dazu >>
info@akupara.at!
Es ergeben sich aber in allen Konflikten und Lebenslagen schwierige moralische Entscheidungen, die man fällen muss.
Völlige Konfliktfreiheit ist oft unmöglich. Grund genug für uns, beide Seiten zu betrachten: Tierethische und umweltethische Ansätze. Wir versuchen die Gemeinsamkeiten zu finden, um diese beiden Disziplinen zu vernetzen. Es ist wichtig auf eine diplomatische Ebene im Tier-, Arten- und Naturschutz zusammenzuarbeiten, denn im Grunde streben beide Disziplinen nach dem Erhalt von Leben und Lebensräumen!